Sobald dieser Satz fällt, sollte man als Grafiker schleunigst die Flucht ergreifen. Erst recht, wenn der Satz von einem Freund ausgesprochen wird und man die Freundschaft nicht ernsthaft gefährden will.

„Mach mir mal 'nen Design“, das bedeutet im Klartext:
„Ich habe keine klare Vorstellung davon, was ich eigentlich will. Die Inhalte existieren größtenteils nur in meinem Kopf, Texte wurden noch nicht geschrieben, Fotos mache ich irgendwann oder such dir halt was aus dem Internet. Urheberrecht? Ach komm, es kommt ja eh keiner drauf. Wer meine Zielgruppe ist? Na jeder. Mach mir halt zwei drei schöne Designs, ich such daraus schon was Passendes aus.“

Gespräche wo das oben stehende nicht zutrifft, fangen anderes an. Nämlich nicht mit „Mach mir mal 'nen Design“ und auch nicht mit „Mach mir mal ein Design,“ was wenigstens grammatikalisch richtig wäre. Sinnvolles Briefing fängt an mit der Vorstellung eines durchdachten Konzepts mit klaren Zielen, die man erreichen will, gefolgt von Informationen zu Termin und Budget, etc.

Der Satz: „Mach mir mal 'nen Design“ zeigt, dass der Gesprächspartner Design mit reiner Dekoration und einen Grafiker mit einem Mustermacher verwechselt. Da sind Missverständnisse und Frust vorprogrammiert. Wenn man sich darauf trotzdem einlässt, kann man sich sicher sein, dass man mindestens die Hälfte der Zeit für den Mülleimer produziert oder das Projekt mittendrin gänzlich krepiert.

Natürlich kann man solchen "Kunden" erklären, was alles definiert werden muss, bevor man mit dem Designen beginnen kann. Dass Design eine formgebende Funktion für Inhalte haben soll und nicht umgekehrt. Dass Design nur dann funktioniert, wenn es eben funktioniert und nicht nur dekoriert. Dass Grafik genauso wie ein Text ein Kommunikationsmittel ist und als solches nicht beliebig zusammenhanglos irgendwohin draufgeklatscht werden kann. Dass das Erstellen einer Grafik nur ein Teil eines Prozesses des bewussten Gestaltens, idealerweise im Einklang mit der Kommunikationspsychologie ist. Und so weiter, und so weiter ...

Am Anfang klärt man meistens alle und jeden auf in naiver Vorstellung, dass es etwas nutzt. Doch irgendwann stellt man fest, dass es nicht fruchtet, weil bei der Gegenseite einfach die Bereitschaft und Fähigkeit zur Aufnahme von Informationen nicht vorhanden ist. Wäre es der Fall gewesen, hätte sich der Gesprächspartner ja schon vorab informiert. Ist ja nicht so, dass es ein geheimes Insiderwissen wäre. Was Design ist oder sein sollte, kann man überall nachlesen, man muss nur lesen wollen. Es hat meistens etwas mit mangelnder Bildung und/oder Selbstinitiative zu tun, wenn jemand keine Ahnung hat, worauf es ankommt. Dann ist es auch sinnlos, die Grundlagen immer und immer wieder zu erklären.

Das hört sich jetzt vielleicht brutal und überheblich an, trifft aber in 99% der Fälle zu. Das sind Erfahrungswerte.

„Mach mir mal 'nen Design“ bedeutet oft auch:
„Ich habe keine Wertschätzung für deine Arbeit. So etwas dauert doch höchstens eine viertel Stunde also komm ja nicht auf den Gedanken, etwas zu verlangen. Schlimm genug, dass ich die Druckerei bezahlen muss.“
Oder in einer anderen Variante:
„Ich weiß sehr wohl, dass man dafür woanders einen vierstelligen Betrag hinblättern muss und eben deswegen komme ich zu dir. Wenn du mein Freund bleiben willst, machst du alles umsonst.“

Oft sind es nicht mal echte Freunde, sondern nur Bekannte beispielsweise aus dem Sportverein, Bekannte von Freundesfreunden oder sogar Leute die einfach nur zweckgebunden eine Freundschaft vortäuschen. Bisserl Schmeicheln hier bisserl Jammern da, man kann es ja versuchen, gelle. Manchmal reitet man sich in eine solche frustrierende Geschichte sogar selbst ein - wenn man verliebt ist, macht man schon die eine oder andere Dummheit. Kennen wir ja alle. ;-)

Irgendwann sollte man daraus aber eine Lehre ziehen und konsequent Nein sagen. Das fällt leichter, wenn man sich vorher einiges klar macht:

Solche Projekte werden in der Regel nichts.
Sie taugen meistens nicht mal als Referenzen, weil konzeptlos.
Wenn es mal ausnahmsweise was wird, wird es zu Kohle gemacht oder geklaut. Dann steht man dumm da, denn wer will schon gegen Freunde und Bekannte Urheberrechtsprozesse führen. In einer Kleinstadt kann man dann gleich auch den Umzugswagen bestellen.
Man verliert einen Haufen Zeit und am Ende oft auch den Freund.
Sobald man damit einmal angefangen hat und sobald es sich herumgesprochen hat, dass man es sogar umsonst gemacht hat, kommen garantiert noch mehr solche "Freunde". Den Ruf wird man nur schwer los.
Freundschaften, die an eine Leistung geknüpft sind, sind keine Freundschaften.
Zuneigung kann man sich nicht durch Dienstleistung kaufen.
Wenn man jemanden permanent hilft, entsteht eine ungesund asymmetrische Beziehung.

Das Schwierigste ist, wie man Nein sagt, ohne dass alle direkt beleidigt sind, oder man als gieriger Geier wirkt. Meine Standardantworten lauten meistens: „Würde ich ja gerne, aber leider habe ich zur Zeit keine Zeit.“ Das ist noch nicht mal ganz gelogen.

Artesia 5 vor 12

Mach mir mal 'nen Design

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